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Schmelze in der Kinderstube

Anfang April meldeten Forscher ein extremeres Ausmaß der Meereisschmelze, als bisher angenommen. Das Arktis-Eis schmelze bereits in seiner Kinderstube, so die Studie des Alfred-Wegener-Instituts. Um diese und weitere Entwicklungen besser zu verstehen, startet im September die größte Polarexpedition aller Zeiten.


Die Transpolardrift
Zwei Hauptströmungen bewegen das Packeis in der Arktis. Durch steigende Temperaturen gelangt es nur noch selten bis in den Nordatlantik. (Grafik: R. Botev, modifiziert durch T. Krumpen)

Die Randmeere entlang der Nordküste Russlands gelten als Kinderstube des Eises am Nordpol. Sie produzieren im Winter am laufenden Band frisches Meereis. Ein ablandiger Wind treibt dann das junge Eis vom Flachwasser aufs Meer hinaus. Im Verlauf des Winters erfasst die Transpolardrift, eine der zwei Hauptströmungen des Arktischen Ozeans, die Eisschollen.  Das befördert sie innerhalb von zwei bis drei Jahren, am Nordpol vorbei, quer durch die Arktis. Vor zwei Jahrzehnten trat noch rund die Hälfte des Neu-Eises diese transarktische Reise an. Mittlerweile aber sind es nur noch 20 Prozent. Die restlichen 80 Prozent des jungen Eises schmelzen, bevor es älter als ein Jahr ist und die zentrale Arktis erreichen kann.

 

 

Diese Beobachtung meldeten Forscher des Alfred-Wegener-Instituts Anfang April. Als Ursache nennen sie gestiegene Wintertemperaturen und eine früher einsetzende Schmelzsaison. Die Auswirkungen könnten tiefgreifende Einflüsse auf das gesamte arktische Ökosystem haben. Denn die Eismassen transportieren mineralische Nährstoffe aus Sibirien quer durchs Polarmeer bis in den Nordatlantik. Schmilzt das Eis früher, kommen diese auch nicht mehr dort an, wo sie einmal die Grundlage der Nahrungskette bildeten. 

 

Bald werden Forscher dieses und andere Phänomene noch besser verstehen lernen. Denn im September startet die größte Arktis-Expedition aller Zeiten. Als Teil des MOSAiC-Projekts wird der deutsche Eisbrecher Polarstern ein Jahr lang fest eingefroren durch das Nordpolarmeer driften. Versorgt von weiteren Eisbrechern und Flugzeugen werden insgesamt 600 Menschen aus 17 Ländern an der Expedition teilnehmen. Ein Vielfaches an Wissenschaftlern wird mit den Daten arbeiten, um die Klima- und Ökosystemforschung auf ein neues Niveau zu heben.

Neueisbildung
Das Bild, aufgenommen von einem ESA Satelliten im März 2019, zeigt den Prozess der Neueisbildung entlang der russischen Küste. (Foto: ESA/DriftNoise – Satellite Services)
Eisbildung in der Arktis
In den flachen Meeren Nordrusslands wird im Winter am laufenden Band Meereis produziert. Ablandiger Wind schiebt das junge Eis auf das Meer hinaus. (Grafik: Alfred-Wegener-Institut / Thomas Krumpen)

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